Skip to main content

1982 - 2022

Festvortrag

Selbstbestimmung, Spiritualität und innere Heilprozesse in herausfordernden Zeiten
Prof. Dr. Dr. Harald Walach

Die Frage nach der Heilung beschäftigt den Philosophen und Psychologen Harald Walach seit Studientagen. Nach eigener Aussage hat ihn das Verständnis von Heilung als Selbstheilung auf direktem Weg zur Naturheilkunde und Komplementärmedizin geführt.

Prof. Walach beschreibt das mechanistische Bild vom Menschen, das seit Virchows Zeiten die Medizin immer stärker durchdringt, als Dogma. Krankheit wird als deterministisches Reaktionsmuster gefasst, gegen das nur entsprechend molekular-mechanischer Modelle nachvollziehbare Interventionen gefunden werden können. „In einem solchen Menschenbild ist Spiritualität allenfalls Zeitvertreib für Frauenmagazine. Ich glaube, dass dieses Menschen- und Naturbild grundlegende Mängel hat, die vor allem Krebspatienten und Menschen mit anderen chronischen Krankheiten zu spüren bekommen. Denn sie werden therapeutischen Logiken unterzogen, die große Teile ihres Menschseins ausblenden und Heilpotenzial brachliegen lassen.“ Demgegenüber steht eine Vorstellung vom Menschen, in der dieser als aktiver Partner gesehen wird. Gesundheit wird nämlich aktiv von innen erzeugt, nicht von außen hergestellt. Dazu gehört vor allem auch eine Rückbindung an eigene spirituelle Quellen, seinen je individuellen Lebenssinn und die Anerkennung, dass wir in einen tragenden Gesamtkontext eingebunden sind. Spiritualität meint dabei die Ausrichtung des Lebens an einen als transzendent erfahrenen und erfahrbaren Grund unseres Seins. Dieser ist auch Energiequelle für unser Leben in schwierigen Zeiten. Heilung bedeutet für viele dann die Hinwendung zu dieser Quelle und die Gestaltung des Lebens aus Einsichten, die aus dieser Tiefe kommen. Manchmal führt das auch zur Heilung körperlichen Leidens. Manchmal besteht die Heilung in der Wiedergewinnung dieses inneren Zugangs, auch wenn das körperliche Leiden nicht mehr überwindbar ist. Der Schlüssel ist, sich als aktiven, handelnden, freien Bewusstseinspol dieser Welt zu sehen, mit all der Würde, die darin liegt, aber auch mit aller Verletzlichkeit die entsteht, wenn man sich für diese Verbundenheit öffnet.